Gendefekt DS
DS - Dermoid SinusBereits in den ersten Publikationen über der Rasse Rhodesian Ridgeback wird der Dermoid Sinus (DS) dokumentiert (T.C.Hawley – The Origin, History and Standard von 1957).
Der Dermoid Sinus ist ein klassischer Mittellinien-Defekt und befindet sich in der Regel oberhalb oder/und unterhalb des Ridges (es kommt auch vor, dass Hunde mehrere DS haben) entlang des Rückens. Die Haut ist an diesen Stellen eingestülpt und bildet einen Gang/Kanal bzw. eine Röhre nach unten in Richtung Wirbelsäule. Dieses Gebilde kann sich bis direkt an die Wirbelsäule und in den Wirbelkanal hineinziehen. Das kann den DS besonders gefährlich machen, weil es so zu schweren, neurologischen Ausfallerscheinungen kommen kann. Auch die Operation eines solchen DS ist nicht einfach, da hier ggf. auch in die Wirbelsäule gefräst werden muss, um den DS komplett zu entfernen.
In diesem Gang, der haarfein aber auch relativ groß vom Durchmesser her sein kann, befinden sich Haare mit normalen Drüsen. Von oben sieht man oft nicht viel mehr als eine kleine Hautveränderung oder ein paar wenige schwarze Haare, jedoch kann ein erfahrener Züchter, Zuchtwart oder Tierarzt diese Veränderung ertasten. Der DS wird in verschiedene Stufen eingeteilt – Stufe I befindet sich nur in der oberen Hautschicht, Stufe IV zieht sich bis in den Wirbelkanal.


Der DS muss operativ entfernt werden, da es durch die Haare und talgproduzierende Drüsen sonst zu Entzündungen kommt. Entzündet sich der Dermoid Sinus, dann bildet sich meist eine Schwellung. Wenn das geschieht, dann muss zunächst die Entzündung mit Antibiotika behandelt werden, bevor man operieren kann. Diese Entzündung kann besonders gefährlich werden, wenn der DS bis zur Wirbelsäule reicht.
Nicolette Salmon Hillbertz und ihr Team, u.a. auch Kerstin Lindblad-Toh (Broad Institute USA und Uppsala University Schweden) beschäftigten sich mit dem Dermoid Sinus im Zusammenhang mit dem Ridge. Sie fanden heraus, dass der Rückenkamm entsteht, wenn Hunde mehrere Kopien einer Region des Genoms haben, die Gene mit bestimmten Wachstumsfaktoren (FGF) enthalten. Die Mutation dieses Gens führt zu einem Defekt im System der planaren Zellpolarität. Dieses System wird sowohl für die normale Ausrichtung der Haarfolikel, als auch für den Neuralrohrverschluss (wenn dieser nicht erfolgt, dann kommt es zur Ausprägung des Dermoid Sinus) benötigt. Sie fanden auch heraus, dass die für den Rückenkamm verantwortliche Mutation dominiert und dass Hunde, die zwei Kopien der Mutation haben, anfälliger für Dermoid Sinus sind als Hunde mit nur einer Kopie.
“The Origin of the Ridge and Associated Anomalies in Rhodesian Ridgeback”- Doctoral thesis Swedish University of Agricultural Sciences Uppsala 2007
Der Ridge und das Dermoid Sinus Risiko
Der Ridge entsteht auf Chromosom 18 durch eine Duplikation von vier Genen (FGF3, FGF4, FGF19 und ORAOV1) und einem Teil eines fünften (CCND1) in der genannten Reihenfolge. Hunde haben normalerweise zwei Sätze dieser Gene, einen von jedem Elternteil, was bedeutet, dass sie genotypisch r/r sind und keinen Ridge auf dem Rücken aufweisen. Wenn es zu einer Verdopplung kommt (einer zusätzlichen Kopie dieser Gene), dann hat der Hund einen Ridge.
Es ist nachgewiesen, dass Hunde mit Ridge ein höheres Risiko für den DS haben. Das bedeutet nicht, dass der duplizierte Genort auf Chromosom 18, der für die Ausprägung des Ridge verantwortlich ist, gleichzeitig der einzige Genort für die Entstehung eines DS ist. Dass die Vererbung des Dermoid Sinus ein polygener Erbgang ist, das steht außer Frage und vermutlich gibt es noch weitere (bisher nicht identifizierte) Risikofaktoren und Umwelteinflüsse spielen auch immer eine Rolle..
In der Publikation von Zhang und Distl (2022) wird eindeutig nachgewiesen, dass das Risiko einen DS zu entwickeln mit der Kopienzahl duplizierter Gene an diesem Ort korreliert. Hunde mit 2 Kopien (2.0 RCN, Genotyp R/R) haben ein 4,3-fach höheres Risiko zu erkranken als Hunde mit 1,5 Kopien (Genotyp R/r). Es gibt offenbar Hunde mit mehr als 2 Kopien. RCN 4 bedeutet, dass die Hunde 8 Kopien besitzen. Man sieht auch, dass das DS Risiko bei Hunden mit 2,5 Kopien im Vergleich mit Hunden mit 1,5 Kopien auf das 5,89-fache, also nochmals ansteigt (vorletzte Spalte in der Tabelle).

Die Vererbung des Ridge erfolgt wahrscheinlich monogen autosomal dominant mit unvollständiger Penetranz. Das bedeutet, dass das große R zwar vorherrschend ist, jedoch optisch nicht ausgeprägt werden muss. Das erklärt das Auftreten ridgeloser Hunde mit dem Genotyp R/r. Das kommt jedoch nur äußerst selten vor.
Da ridgelose Ridgebacks mit dem Genotyp r/r keinerlei Duplikation aufweisen, haben sie ein geeignetes züchterisches Potenzial, um die Kopienzahl gering zu halten und sollten deshalb unbedingt in der Zucht eingesetzt werden.
Gentest für den Dermoid Sinus?
Bei der Vererbung des Dermoid Sinus handelt es sich um einen polygenen Erbgang.
Ein Gentest für polygene Erbgänge, also Krankheiten, die durch das Zusammenspiel mehrerer Gene und Umwelteinflüsse entstehen, ist komplex und nicht so einfach wie bei monogenen Erbkrankheiten (eine einzelne Genmutation). Es gibt keine einfache "Testung", die eine klare Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer solchen Krankheit liefert.
Einen aussagekräftigen Gentest für den Dermoid Sinus gibt es leider nicht!